Startseite » Zusammenarbeit » “Eine Kultur der Zusammenarbeit schaffen, darum geht es bei BIM” – Beraterin Mariel Gutierrez im Interview
4builders.: Laut Zahlen des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie ist gerade mal etwas mehr als eine von zehn Beschäftigten weiblich, in der Architektur ist es dagegen etwa die Hälfte. Sie selbst, Frau Gutierrez, sind Architektin. Wie kamen Sie zu diesem Beruf?
Mariel Gutierrez: Ich bin in einer Architektenfamilie in Buenos Aires, Argentinien, aufgewachsen. Ich sage immer, dass ich schon als Baby zur Universität ging. Meine Mutter war mit mir schwanger, als sie ihr Architekturstudium abschloss. Als Kind habe ich spielerisch Häuser entworfen und Modelle mit dem Spiel Jenga gebaut, für mich eine Alternative zu Lego. Als ich mich für einen Beruf entschied, war für mich klar, dass die Leidenschaft für die Gestaltung von Lebensräumen, die mich seit meiner Kindheit begleitet, der richtige Weg für mich war.
Nach ein paar Berufsjahren als Architektin und Bauleiterin haben Sie 2018 in Spanien Ihren Master in BIM-Management gemacht. Welches war Ihr erstes Projekt als BIM-Managerin?
Mein erstes BIM-Projekt war für die Automobilindustrie. Bei diesem Projekt begleitete ich sowohl den Kunden als auch das Büro, für das ich arbeitete, bei der Einführung von BIM. Es war eine bereichernde Erfahrung aus verschiedenen Blickwinkeln. Das Projekt umfasste umfangreiche und anspruchsvolle BIM-Anwendungen, die zum ersten Mal implementiert wurden. Den goldenen Mittelweg zwischen Mehraufwand und Mehrwert zu finden, war der Schlüssel zum Erfolg. Natürlich gab es Schwierigkeiten, aber wir konnten sie überwinden. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich das fertige Bauwerk sehe, und es erinnert mich an die guten Erfahrungen, die ich gemacht habe.
Bei Ihrem letzten Arbeitgeber haben Sie BIM und die zugehörigen Prozesse eingeführt. Mit welchen Herausforderungen war diese Implementierung verknüpft?
Wenn ich eine BIM-Implementierung durchführe, konzentriere ich mich immer auf die drei BIM-Säulen: Technologie, Prozesse und Menschen. Im Fall meines damaligen Arbeitgebers stand ich vor verschiedenen Herausforderungen. In Bezug auf die Technologie hatten wir den Vorteil, dass die Modellierungssoftware für uns nichts Neues war, da sie bereits zuvor implementiert wurde. Es war jedoch notwendig, die für die verschiedenen Anwendungen erforderliche Software zu ergänzen. Es war nicht schwierig, die Werkzeuge dafür zu finden. Aber es war schwierig, den idealen Prozess für die Zusammenarbeit und Interoperabilität zu finden. Was die Menschen betrifft, so stieß ich wie üblich bei einigen meiner Kollegen auf Angst vor Veränderungen. Während dieser Erfahrung entdeckte ich die Vorteile des Change Managements. Das hat mir geholfen, bei der Einführung von BIM voranzukommen und die Herausforderungen zu meistern. Ich muss dazu sagen, dass wir, was die wirtschaftlichen Investitionen angeht, die volle Unterstützung der Geschäftsführung bekommen haben. Was die investierte Zeit angeht, so standen wir als Team unter hohem Druck, aber ich hatte das Glück, einige sehr fähige und hoch motivierte Kollegen zu haben, die mich unterstützt haben.
Hat Sie diese Erfahrung dazu gebracht, vor zweieinhalb Jahren Ihre eigene Firma zu gründen?
Definitiv, ja. Als Architektin hatte ich immer die Idee, mein eigenes Unternehmen zu gründen. Durch die Erfahrung als BIM-Managerin habe ich die Nische gefunden, die meiner Persönlichkeit und meinen Interessen am besten entspricht. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, meinem Arbeitgeber und meinen Kollegen während des Prozesses zu helfen, und deshalb habe ich beschlossen, weiteren Unternehmen beim Einstieg in die BIM-Methode zu helfen. Seit mehr als zwei Jahren begleite ich nun verschiedene Unternehmen und meine Erfahrung bestätigt, dass ich den richtigen Weg eingeschlagen habe.
Um BIM erfolgreich umzusetzen, ist es wichtig, einen Plan zu haben. Es ist notwendig, die Ziele zu definieren, die man erreichen möchte, und auf dieser Grundlage einen Fahrplan zu erstellen.
Mariel Gutierrez
BIM im Unternehmen einzuführen, geht nicht von heute auf morgen. Auf welche drei Punkte sollten Unternehmen bei der Implementierung achten?
Wie ich zuvor bereits erwähnt habe, sind für mich die drei Säulen der BIM-Methode bei der Implementierung maßgeblich: Technologie, Prozesse und Menschen. Um BIM erfolgreich umzusetzen, ist es wichtig, einen Plan zu haben. Der Plan ergibt sich aus einer Vision oder einem Ziel. BIM ist sehr vielfältig und bietet verschiedene Wege. Es ist notwendig, die Ziele zu definieren, die man erreichen möchte, und auf dieser Grundlage einen Fahrplan zu erstellen.
Die Kommunikation innerhalb des Unternehmens spielt eine wesentliche Rolle. Die Kollegen müssen über die Entscheidungen sowie Erfahrungen informiert werden und idealerweise die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen. Wenn ich eine Implementierung durchführe, schlage ich immer vor, eine Arbeitsgruppe innerhalb des Unternehmens einzurichten, die für die Implementierung verantwortlich ist. Es ist wichtig, die Menschen durch den Veränderungsprozess zu begleiten, idealerweise auf der Grundlage der Grundsätze des Change Managements. Eine meiner Empfehlungen ist, nicht alles sofort zu erwarten, damit die Mitarbeiter nicht zusammenbrechen. Mit kleinen Schritten zu beginnen und sich Fehler zu erlauben. Und vor allem, eine Kultur der Zusammenarbeit zu schaffen, denn darum geht es bei der BIM-Methode.
Wie wichtig ist BIM aus Ihrer Sicht für die Baubranche? Muss jedes Unternehmen in Zukunft die Methode beherrschen?
Ich kann es mir nicht anders vorstellen. Ich denke auch, dass man bei solchen Fragen sehr vorsichtig sein muss. BIM ist eine Methode, und als solche sollte sie zur Optimierung unserer Arbeit eingesetzt werden. Ich denke also, ja, es ist notwendig, dass sich die Baubranche an die Digitalisierung anpassen soll, allerdings bedeutet das meiner Meinung nach nicht, dass jedes Unternehmen demselben Schema folgen muss.
Sie engagieren sich bei Women in BIM, einem internationalen Netzwerk, das Frauen in BIM-bezogenen Rollen unterstützt. Wieso braucht es dieses Netzwerk speziell für Frauen?
Wie Sie am Anfang sagten: In der deutschen Baubranche ist gerade mal etwas mehr als eine von zehn Beschäftigten weiblich. In der Architektur sind wir immerhin die Hälfte. Aber in Führungspositionen bei der Baubranche sind Frauen selten zu finden. Mit Women in BIM wollen wir das Netzwerk der Frauen in der Bauindustrie stärken. Dadurch tauschen wir die unterschiedlichen Erfahrungen aus und unterstützen uns gegenseitig. Ich denke, es ist immer von Vorteil, ein Netzwerk von Gleichgesinnten zu haben, mit denen man sich austauschen kann.
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Sie haben in jeder Leistungsphase gearbeitet, waren selbst auf Baustellen unterwegs. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?
Meine Zeit auf der Baustelle war sehr eindrucksvoll. Sie hat mir unzählige Erfahrungen und Erkenntnisse gebracht, nicht nur in Bezug auf bauliche Details, sondern auch in Bezug auf Organisation, Logistik, Planung und den Umgang mit Menschen. Ich habe auch gelernt, mit Frustration umzugehen und täglich neue Probleme agil zu lösen und gleichzeitig als Mediatorin zu agieren. Obwohl meine Erfahrung als Bauleiterin vielleicht die stressigste in meiner Karriere war, möchte ich sie nicht missen.
Sie stammen ursprünglich aus Buenos Aires, haben in Spanien studiert und ihre ersten Erfahrungen als Architektin dort gesammelt. Was hat Sie anschließend nach Deutschland geführt?
Mit dieser Frage werde ich sehr oft konfrontiert. Als ich mein Architekturstudium in Spanien abschloss, war mir klar, dass mein Weg dort noch nicht zu Ende war. Auch ohne Vertrag in der Hand kaufte ich einen einfachen Flug nach Stuttgart, um mein Abenteuer fortzusetzen. Ich habe mich für dieses Reiseziel entschieden, weil mich die Struktur und die organisierte Planung sowie die architektonische Qualität hier anzogen. Mit den Wendungen des Lebens hat es dann Wurzeln geschlagen und nach mehr als zehn Jahren kann ich sagen, dass Stuttgart meine zweite Heimat ist.
Das Gespräch führte Vanessa Möller.
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