Startseite » Hochbau » Kommentar zu Gebäudetechnik: “Meist fehlt ein zentrales, unabhängiges Qualitätsmanagement”
Gebäude sollen immer nachhaltiger werden, die Anforderungen an ihre Effizienz steigen ständig. Doch trotz der strengeren Vorschriften und des hohen finanziellen Aufwands bleiben viele Gebäude weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.
Bei der Planung fängt es damit an, dass viele Bauherren nicht genau genug die Anforderungen definieren, die sie an das Gebäude haben. Ist ihnen wichtig, dass das Raumklima besonders exakt eingestellt werden kann, oder wollen sie lieber eine Lösung, die möglichst einfach ist? Aus diesen Fragen ergeben sich wichtige Konsequenzen für die Planung, die Bauherren oft nicht klar sind.
Denn wenn ein Bauherr dem Fachplaner keine genauen Wünsche mit auf den Weg gibt, entscheidet sich der Planer gerne für die Lösung, mit der er am meisten Erfahrung hat oder die für ihn am einfachsten ist – und nicht etwa für jene Lösung, die für den Bauherrn am besten ist. Und wenn jeder der Fachplaner für Heizung, Lüftung und Fassade seinen ganz eigenen Weg geht, werden die technischen Lösungen sehr individuell. Dass das ein Problem ist, merkt der Bauherr oft schon im Laufe der Planung, spätestens aber auf der Baustelle, wenn improvisiert werden muss, damit die verschiedenen Komponenten zusammenpassen.
Hierbei zeigt sich auch, dass von der Planung bis zum Betrieb meist ein zentrales unabhängiges Qualitätsmanagement fehlt. Bei Autos oder Smartphones etwa wäre es unvorstellbar, dass es kein Qualitätsmanagement gibt, das darauf achtet, dass alle Einzelteile zusammen funktionieren. Bei Gebäuden können diesen Part zum Beispiel Dienstleister für technisches Monitoring übernehmen. Sie unterstützen den Bauherrn schon bei der Zieldefinition und begleiten die Anlagen dann vom Planungsbeginn bis zum Betrieb als eine Art Supervisor für den Auftraggeber.
Wie komplex Gebäudetechnik werden kann, zeigt sich in jedem Fall bei der Inbetriebnahme. Die gestaltet sich oft weitaus komplizierter und muss umso besser vorbereitet werden. Jedes Gewerk muss zur richtigen Zeit fertig werden oder stellt einen Flaschenhals für die Inbetriebnahme der anderen Anlagen dar. Kommt es dabei zu Verzögerungen, endet das meistens damit, dass nicht genügend Zeit bleibt, um die Anlagen ausreichend einzuregulieren. Wird das aber nicht exakt gemacht, werden die Anlagen zwangsläufig ineffizienter arbeiten, als sie eigentlich könnten. Schon Kleinigkeiten bei der Einregulierung können einen großen Unterschied im Hinblick auf die Energiekosten ausmachen.
Diese Probleme setzen sich später fort. Denn wenn ich komplexe individuelle Anlagen plane, werden diese auch im Betrieb schwer zu handhaben sein. Das Facility-Management braucht dafür umfangreiches Fachwissen – was er aber am Markt kaum honoriert wird. Beschwert sich dann ein Mieter, dass es im Gebäude zu kalt ist, dreht der Facility-Manager oft schnell die Pumpe hoch oder schickt wärmeres Wasser in die Heizung, anstatt aufwändig zu analysieren, wo der Fehler liegt. So geht die Effizienz der Anlage verloren.
Ein anderes Beispiel dafür, wo sich eine zu hohe Komplexität der Anlagen gepaart mit falscher Kostenminimierung im Facility Management rächt, ist die freie Kühlung. Über einen langen Zeitraum des Jahres lassen sich viele Gebäude gut über eine freie Kühlung mit Kälte versorgen. Erst wenn es draußen zu warm wird, muss auf die ineffizientere Kompressionskältemaschine umgeschaltet werden. Dieses Umschalten ist aber häufig technisch nicht einfach. Und wenn die Anlage dabei ein paar Mal in Störung gegangen ist, lässt der Facility-Manager vielleicht lieber das ganze Jahr die Kältemaschine laufen. Das Problem dabei: Die Kompressionskältemaschine ist drei bis vier Mal weniger effizient ist als die freie Kühlung.
Wenn man sich mehr Nachhaltigkeit wünscht, reicht es also nicht, allein darauf zu schauen, dass man die neuesten Anlagen verbaut. Man muss darauf achten, dass die Anlagen auch liefern, was sie versprechen, und dass sie mit dem entsprechenden Know-how bedient werden. Dafür ist es selbst im Betrieb nie zu spät. Am besten aber fängt man damit schon in der Bedarfsplanung mit der Festlegung der Ziele an.
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